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documenta 4

Als Bodes Einfluss auf seine Ausstellungserfindung zu schwinden begann, versuchte 1968 ein personenreiches Expertengremium einen Generationswechsel in der Leitung der documenta herbeizuführen und die Übertragung demokratischer Verfahren auf den Kunstbetrieb zu erproben. Dennoch stieß das neue Organisationsprinzip im revolutionären Jahr 1968 auf den Widerstand der Studentenbewegung, die den Verantwortlichen einen reaktionären Kunstbegriff vorwarf.

Mit ihrer Konzentration auf die Kunstproduktion der vergangenen vier Jahre verstand sich die 4. Kasseler Ausstellung als die „jüngste documenta, die es je gab“. Nun wurde nachgeholt, was 1964 unter dem Primat der Abstraktion vernachlässigt worden war: Pop- und Op-Art, Minimalismus, Color Field, Post-Painterly Abstraction, Hard Edge, Shaped Canvas und all die anderen aktuellen Formen künstlerischer Praxis repräsentierten das neue Wirklichkeitsverständnis im Rahmen der westlichen Kunst. Bodes Begeisterung für die Gestaltung von Räumen konnte sich in den von ihm eingerichteten „Environments“ spektakulär verwirklichen. So gewannen Künstlerräume, die das Tafelbild erweiterten und das Publikum zum „Raumbild“ aktivierten, zentrale Bedeutung.

Die starke Präsenz der USA brachte der 4. documenta das Presse-Schlagwort „americana“ ein. Zwar verlor die Präsentation der Plastiken vor der Orangerie ihre programmatische Strenge, doch demonstrierte im Zentrum der Karlswiese Christos „5,600 Cubic Meter Package“ als weithin sichtbares Wahrzeichen und Eingriff in den öffentlichen Raum den Anspruch der Kunst der 1960er-Jahre auf erweiterte gesellschaftliche Wirksamkeit.