Die documenta zählte Künstlerbünde wie »Die Brücke«, den »Blauen Reiter« oder »De Stijl« zu den Gruppenbewegungen, die die Entwicklung der Kunst während der ersten Jahrhunderthälfte in Europa geprägt hatten, nicht aber die Bauhaus-Schule. Trotzdem präsentierte die Ausstellung zehn Bauhaus-Künstler, darunter so berühmte Lehrer wie Wassily Kandinsky, Paul Klee und Oskar Schlemmer, aber auch Künstler, die Schüler am Bauhaus gewesen waren, z.B. Max Bill, Werner Gilles und Fritz Winter.
Neben viel Lob übte die Fachwelt auch Kritik an der Ausstellungsprogrammatik: eine Überschau über die internationale Entwicklung in Europa müsse notwendigerweise fragmentarisch bleiben. Besser habe es Ludwig Grote gemacht, dessen Ausstellungen über den »Blauen Reiter« und »Die Maler am Bauhaus« in den Jahren 1949 und 1950 einzelne Positionen der deutschen Kunst klar markiert habe. Grote hatte das Bauhaus als »bedeutendste und einflußreichste kulturelle Tat Deutschlands« im 20. Jahrhundert gelobt und v.a. die gemeinsame Gesinnung der Bauhaus-Künstler beschworen.
Werner Haftmann, Arnold Bodes wichtigster kunsttheoretischer Berater während der ersten drei documenta Ausstellungen, ordnete die Künstlerinnen und Künstler des Bauhauses hingegen eindeutig in einer Hierarchie ein. Kandinsky und Klee bewertete er als genial, Schlemmer und Lyonel Feininger bezeichnete er im Verhältnis dazu als »einfachere Geister«, während sich weitere Bauhaus-Lehrer wie Georg Muche, Josef Albers u.a. nur mit angewandter Kunst beschäftigten und allein aus diesem Grund am unteren Ende seiner Bewertungsskala rangierten. Das Vermächtnis des Bauhauses sah er darin, dass es eine Basis für eine moderne Kunsterziehung gelegt habe.
Die Rotunde im Museuem Fridericianum mit Plastiken von Wilhelm Lehmbruck im Vordergrund, hinten das Gemälde »Fünfzehnergruppe« (1929) von Oskar Schlemmer, erste documenta, 1955
© documenta archiv / Foto: Günther Becker
Haftmanns enge Definition und Unterscheidung zwischen höherstehenden, klassischen Genres, wie Malerei und Skulptur auf der einen und lediglich angewandter Kunst auf der anderen Seite setzte sich auf der documenta durch. Das wird auch daran ersichtlich, dass unter den insgesamt siebzehn Bauhaus-Künstlern auf der documenta 1 bis 3 so berühmte Vertreter wie Johannes Itten, László Moholy-Nagy, Hannes Meyer, Marianne Brandt und Marcel Breuer fehlten.
Arnold Bode wies den Bauhaus-Künstlern auf der ersten documenta viele zentrale Orte in den Ausstellungsräumen zu. Klee und Schlemmer setzte er in der Rotunde und im Treppenhaus des Museums Fridericianum in Szene. Dort waren sie um die Plastiken von Wilhelm Lehmbruck herum gruppiert, sozusagen als Auftakt zur beschworenen Dokumentation der Wurzeln der zeitgenössischen Kunst durch die documenta.